Kennen Sie das auch? Der Zeitplan ist eng getaktet: der Flieger von Hamburg nach München startet um 12:00 Uhr – Ankunft: 13.15 Uhr. 1. Meeting 14:30 Uhr, 2. Meeting 17:00 Uhr. Verspätet sich der Flieger oder fällt gar aus, gerät der ganze Zeitplan durcheinander und im schlimmsten Fall finden die Konferenzen nicht statt. Die Folge könnte ein entgangenes, gutes Geschäft sein. Das ist mehr als ärgerlich – allerdings gibt es unter bestimmten Voraussetzungen Entschädigungen, über die ich Sie in unserem Blog gerne aufklären möchte.

Laut der Fluggastrechte-Verordnung (EG 261/2004), die seit 2005 in Kraft ist, besteht, gestaffelt nach Flugentfernung, ab einer Verspätung von zwei Stunden zunächst ein Anspruch auf Betreuung und Verpflegung durch die Fluggesellschaft. Das bedeutet, dass Mahlzeiten und Erfrischungen zur Verfügung gestellt werden müssen. Oft werden an dieser Stelle Gutscheine ausgeteilt, die am Flughafen eingelöst werden können. Kommt die Fluggesellschaft dieser Verpflichtung nicht nach, sollten sich die Betroffenen zunächst den Grund für die Verspätung schriftlich vom Flughafenpersonal bestätigen lassen und Quittungen für die selbst gekaufte Verpflegung sammeln, um die Erstattungsansprüche später geltend machen zu können.

Fluggast kann ab einer Verspätung von drei Stunden Entschädigung verlangen

Ab drei Stunden Verspätung kann der Fluggast laut der Europäischen Fluggast-rechte-Verordnung eine Entschädigung verlangen. Die Höhe der Entschädigungs-zahlungen ist gestaffelt und hängt von der Entfernung ab: Bei einer Strecke von bis zu 1.500 Kilometern erhält der Passagier pauschal 250 Euro, ab 1.500 Kilometern bis 3.500 Kilometern stehen ihm 400 Euro zu und bei mehr als 3.500 Kilometern sind es 600 Euro.

Bei „außergewöhnlichen Umständen“ haftet Airline in der Regel nicht

Allerdings müssen auch einige Voraussetzungen erfüllt sein, damit diese Entschädigungszahlungen geleistet werden: Die EU-Verordnung für Fluggastrechte greift zum einen nur für Flüge, die in einem EU-Land starten oder, sofern der Sitz der Airline in der EU ist, auch für Flüge, die in der EU landen. Außerdem muss die Fluggesellschaft für die Verspätung verantwortlich sein. Das ist sie in der Regel nicht bei sogenannten „außergewöhnlichen Umständen“. Darunter fallen zum Beispiel Streiks, Naturkatastrophen oder auch Vogelschlag. Die genaue Definition von „außergewöhnlichen Umständen“ ist allerdings umstritten und wird oft erst vor Gericht im konkreten Fall entschieden.

Fluggesellschaften arbeiten mit dem Prinzip der Überbuchung

Unabhängig von der möglichen Entlastung der Airline werden die Entschädigungszahlungen für Reisende auch fällig, wenn sie aufgrund einer Flugüberbuchung trotz gültigem Ticket und rechtzeitigem Erscheinen am Check-in nicht mitfliegen können. Die Fluggesellschaften arbeiten mit dem Prinzip der Überbuchung, um eine möglichst hohe Auslastung zu erreichen. Erscheinen sämtliche Passagiere zum Flug, können nicht alle mitgenommen werden. Finden sich dann gegen ein Angebot der Airline keine Freiwilligen, so kann die Airline Fluggästen auch gegen ihren Willen die Beförderung verweigern. Die Airline ist in diesem Fall verpflichtet, den abgewiesenen Fluggästen die obig genannten Entschädigungszahlungen zukommen zu lassen. Negative Schlagzeilen im Zusammenhang mit Flugüberbuchungen machte zuletzt ein Vorfall (in den USA), bei dem eine Fluggesellschaft einen Passagier gewaltsam aus einem Flugzeug zerren ließ, weil die Maschine überbucht war.

Airline muss für alternative Beförderung sorgen

Ist der Flieger mehr als fünf Stunden verspätet, so hat der Fluggast ein Wahlrecht. Es ist möglich, vom Flug zurückzutreten – die Airline ist dann verpflichtet, den Reisepreis zu erstatten. Sofern das nicht zielführend ist und der Fluggast so schnell wie möglich an das Reiseziel gelangen möchte, muss die Fluggesellschaft für eine alternative Beförderung sorgen.

Sonderzahlung bei geplatztem Geschäftstermin aufgrund von Verspätung

Für Geschäftsreisende außerdem wichtig zu wissen: Platzt aufgrund der Flugverspätung oder des Flugausfalls ein Geschäftstermin, können ihnen weitere Ansprüche, z. B. nach dem Montrealer Übereinkommen oder dem BGB zustehen. Nach den Regelungen des  Montrealer Übereinkommens kann der Fluggast bei einer nicht nur unerheblichen Flugverspätung seinen Verspätungsschaden gegenüber der Airline geltend machen. Die Haftung ist in diesem Fall auf maximal 4.694 Sonderziehungsrechte (SZR), eine Recheneinheit des internationalen Währungsfonds, deren Wert täglich neu festgesetzt wird, beschränkt. Im Moment entspricht 1 SZR 1,28 Euro. Maximal erhält der Fluggast demnach rund 6.000 Euro Entschädigung. Im Gegensatz zur Fluggastrechteverordnung legt dieses Übereinkommen allerdings keine Pauschale fest und die Airline hat, wie auch bei der Fluggastrechteverordnung, die Möglichkeit, sich zu entlasten. Es muss also konkret belegt und nachgewiesen werden, welcher Schaden durch die Flugverspätung entstanden ist.