Ein Afterwork Drink an der Bar, ein gemeinsames Abendessen oder ein großzügiges Geschenk aus dem Heimatland des Geschäftspartners: Das Thema Compliance ist bei mehr Gelegenheiten relevant, als man zunächst denken mag. Vor allem auf Geschäftsreisen verschwimmt die Trennlinie zu einer Grauzone, die Führungskräfte in ernsthafte Bedrängnis bringen kann. Das Dickicht aus Regularien, Gesetzen und Selbstverpflichtungen zu durchdringen, ohne die kulturellen Normen des Gegenübers zu touchieren, gleicht einem Drahtseilakt. Was hilft, ist ein definierter Wertekompass und maximale Transparenz gegenüber seinem Unternehmen. Deshalb haben wir als Experten vom Magazin für Vielflieger – THE FREQUENT TRAVELLER zehn Verhaltensregeln für Geschäftsreisen für Sie vorbereitet.

Denn auch Sie haben bereits etwas getan, das einem Compliance Beauftragten in Ihrem Unternehmen sauer aufstoßen dürfte, lieber Leser. Wetten? Zurecht reagieren Sie nun verwundert oder gar brüskiert. Aber erinnern Sie sich an letztes Weihnachten, als Ihnen ein Zulieferer einen südafrikanischen Sauvignon Blanc zugeschickt hat, den Sie besonders gerne trinken. Selbst, wenn Sie ihn großzügig mit Kollegen teilen und er im örtlichen Supermarkt gerade mal fünf Euro kostet, setzen Sie sich damit dem Verdacht aus, gegen Compliance-Regeln zu verstoßen. Das hat nicht zu bedeuten, dass Sie damit Ihre Karriere riskieren, aber Sie könnten es. Und hierin liegt die Ungerechtigkeit.

Schenken liegt uns im Blut

Schenken liegt dem Menschen im Blut. Selbst Primaten pflegen soziale Kontakte durch kleine Aufmerksamkeiten. Der westlich geprägte Homo Sapiens tut dies bevorzugt gen Jahresende, wenn er sich bei Geschäftspartnern für die Zusammenarbeit bedankt, ehe er in den Weihnachtsurlaub aufbricht. Was Affen allerdings auch durchs Schenken bewirken, ist die Verfestigung sozialer Hierarchien.

Und bei dieser Absicht kommt im Geschäftsleben das Thema Compliance ins Spiel – zu Recht. Wer sich die Untrennbarkeit beider Medaillenseiten vor Augen führt, wird verstehen, warum es Unternehmen gibt, die jegliche Art von Geschenkkultur unterbinden, selbst wenn es sich um harmlose Marzipanschweinchen handelt. Die Maßgabe lautet: Sozialität ja, monetäre Aufwände nein.

Gesetzliche Rahmenbedingungen für Compliance

Sogar in Führungsetagen herrscht große Verunsicherung über den korrekten Umgang mit Geschenken, geschenkähnlichen Einladungen oder allzu üppigen Musterlieferungen. Immer wieder kommen vermeintlich gesetzliche Obergrenzen von fünfzehn bis vierzig Euro ins Gespräch. Mitunter wird behauptet, der Geschenkwert orientiere sich an der Position oder dem Gehalt der jeweiligen Person. Dem ist nicht so. Der Gesetzgeber stellt lediglich Korruption (§299 StGB) sowie Vorteilsnahme von Amtsträgern (§331 StGB) unter Strafe. Letzterer machte Christian Wulff im Jahre 2012 schwer zu schaffen.

Auch der geldwerte Vorteil ist kein geeigneter Orientierungspunkt, da es sich hierbei um eine spezielle Form der Vergütung handelt, die über den Lohn hinausgeht und nicht in Geld ausgezahlt wird – sprich zwingend vom Arbeitgeber stammen muss. Unternehmen wie Allianz, Thyssen Krupp, Henkel oder die Deutsche Post, verweisen auf die Regeln des Bundesverbands für Materialwirtschaft Einkauf und Logistik, der eine Verhaltensrichtlinie für Einkäufer erarbeitet hat. Das bietet zwar keine Rechtssicherheit, jedoch zumindest eine grundsätzliche Orientierung. Ansonsten gelten die spezifischen Regelungen im Unternehmen selbst, notfalls die Weisungen vom disziplinarischen Vorgesetzten.

Worauf Sie  bei Geschäftsreisen achten müssen

Neben dem reinen geschäftlichen Zweck dienen Businessreisen häufig der Kontaktpflege. Daher ist es guter Brauch (vor allem bei Auslandsbesuchen) an social gatherings teilzunehmen. Grundsätzlich muss Sie Ihr Arbeitgeber in die Lage versetzen, für alle Kosten der Unterbringung, Verköstigung und des Transports selbst aufzukommen. Eine Kostenübernahme durch den Geschäftspartner ist dann legitim, wenn dies im Vorfeld vertraglich fixiert wurde. Weiterhin gilt: Je weiter sich eine bestimmte Aktivität vom eigentlichen Geschäftsverhältnis entfernt, desto eher geraten Sie in Gefahr, gegen Compliance-Regeln zu verstoßen. Wenn Sie Yachten vermakeln, wird kaum etwas gegen eine kurze Testfahrt sprechen. Wenn sie jedoch mit Agrargütern handeln, steht die Frage nach der Redlichkeit höchstwahrscheinlich im Raum. Beim Essen und Trinken sollten Sie stets anbieten, selbst zu zahlen. Falls Ihr Gegenüber insistiert, sprechen Sie eine Gegeneinladung im vergleichbaren Rahmen aus. Wichtig ist, dass Sie stets Ihre Unabhängigkeit wahren – in diesem Fall verpackt in ein freundliches Angebot, bei dem jeder sein Gesicht wahrt.

Soweit so gut. Heikel wird es bei unerwarteten Sachgeschenken. Nun liegt es im Sinne jedes Managers, einen Deal nicht durch Kränkung seines Gegenübers zu gefährden. Wenden Sie sich in solchen Fällen schnellstmöglich an die entsprechende Stelle in Ihrem Unternehmen und stimmen Sie das weitere Vorgehen ab. Sofern Einfuhrzölle anfallen, beispielsweise im Falle einer kostspieligen Uhr, deponieren Sie das Gut bei einem Treuhänder. Behalten Sie stets im Hinterkopf: Nur wenn Sie transparent und zielgerichtet kommunizieren, entziehen Sie sich jeglichem Verdacht, nicht Compliance-konform zu handeln. Die ethische Verpflichtung zur Rückgabe eines problematischen Geschenks läge dann bei Ihrem Arbeitgeber.

Zehn Verhaltensregeln zum Thema Compliance auf Geschäftsreisen:

  1. Lesen Sie sich vor der Reise die aktuelle Fassung der internen Compliance-Regelungen durch.
  2. Halten Sie bei Fragen stets Rücksprache mit dem zuständigen Ansprechpartner.
  3. Lassen Sie sich zweifelhafte Programm- bzw. Kostenpunkte Ihrer Reise ggf. schriftlich genehmigen.
  4. Informieren Sie sich im Vorfeld über die Sitten im Kulturkreis Ihres Geschäftspartners, um Kränkungen zu vermeiden.
  5. Bieten Sie als Besucher stets an, die eigenen Kosten während Ihrer Reise selbst zu tragen.
  6. Sprechen Sie bei übernommenen Kosten im Restaurant oder Bar entsprechende Gegeneinladungen aus.
  7. Meiden Sie fremdfinanzierte Aktivitäten, die nichts mit dem Zweck Ihrer Reise zu tun haben.
  8. Gehen Sie den Umweg über Ihre Assistenz, um im Vorfeld Compliance-relevante Punkte mit dem Team Ihres Geschäftspartners zu klären. Das belastet Ihre persönliche Bindung nicht.
  9. Melden Sie mitgebrachte Sachgeschenke spätestens bei Rückkehr in Ihr Unternehmen an und erfragen weitere Schritte.
  10. Veranlassen Sie bei untrennbaren Kosten notfalls eine äquivalente Spende an eine karitative Einrichtung.

 

Aktualisiert: 16.10.2018